Für PV-Neuanlagen gibt es zwei gute und zwei schlechte Nachrichten: Einerseits sind sowohl die Anlagenpreise als auch die Wartezeiten für eine Installation gestiegen. Andererseits gelten für Neuanlagen ab 30. Juli 2022 höhere Sätze bei der Einspeisevergütung. Und: Damit Terminverzögerungen erträglich bleiben, ist die Degression bis Januar 2024 ausgesetzt. Wir erläutern die Details – und welche Vergütung die Betreiber noch einige Jahre nach Ablauf der 20-Jahre-Förderung nutzen können.
Entwicklung der Einspeisevergütung bis 29. Juli 2022
Am 1. April 2000 wurde mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt, dass die Netzbetreiber allen Eigentümern einer Photovoltaikanlage für den Strom, den sie in das öffentliche Netz einspeisen, eine feste Einspeisevergütung zu zahlen haben. Auch heute noch wird die Höhe des Betrags vom Gesetzgeber monatlich für alle Neuanlagen festgelegt. Was sich ebenfalls nicht geändert hat: Die Einspeisevergütung bleibt über die Laufzeit von 20 Jahren konstant. Egal, wie sie sich entwickelt: Die Anlagenbetreiber betrifft es nicht, denn sie genießen Bestandsschutz. Ausschlaggebend für die Höhe der Einspeisevergütung ist einzig der Monat der Inbetriebnahme.
Hinweis: Die feste Einspeisevergütung gilt nur für Dachanlagen privater Wohnhäuser oder gewerblicher Kleinbetriebe. Für Strom aus Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowatt greift die sogenannte gleitende Marktprämie. Beide Ansprüche sind in § 21 EEG geregelt.
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Die Höhe der Einspeisevergütung nach dem EEG ist allerdings keineswegs konstant, sondern unterliegt in der Regel einer monatlichen Degression. Das heißt: Da sich der Vergütungssatz nach dem Datum der Inbetriebnahme richtet, sinkt er von Monat zu Monat. Erhielten Neuanlagen der ersten Generation nahezu 60 Cent, hatte sich die staatliche Vergütung für PV-Anlagen bis 10 kWp im Juli 2022 auf 6,23 Cent pro Kilowattstunde verringert. Die Begründung ist nachvollziehbar: Ein steigender Zubau an Photovoltaikleistung lässt die Preise purzeln. Außerdem: Wenn Anlagen immer erschwinglicher werden, benötigen sie weniger Förderung. Leider hat sich die positive Preisentwicklung 2022 jedoch umgekehrt. Wie die Bundesregierung darauf reagiert hat, lesen Sie weiter unten.
Unter Zubau versteht man den Bau neuer Photovoltaikanlagen bzw. die dadurch erhöhte jährliche Photovoltaikleistung. Staatlicherseits erwünscht ist ein Jahresvolumen von 2.100 bis 2.500 Megawatt. Bewegt sich der Zubau in diesem Bereich, beträgt die monatliche Degression 0,4 Prozent („Basisdegression“). Je höher der sogenannte „anzulegende Wert“ liegt, desto stärker steigt diese Absenkung (§ 49 EEG). Lange wurde der Wert um über 1.000 MW überschritten, was eine auf 1,4 Prozent erhöhte monatliche Degression bedeutet.
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Einspeisevergütung ab 30. Juli 2022
Anfang Juli 2022 stimmte der Bundesrat dem „Osterpaket“ der Bundesregierung zu. Zum 1. Januar 2023 ist nun das komplette neue Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft getreten. Zur Einspeisevergütung bringt die EEG-Novelle folgende Änderungen:
Erhöhung der Vergütungssätze
Aufgrund der Energiekrise sind die Preise für die Anschaffung und die Installation von Solaranlagen quasi explodiert. Um Anlageninteressenten zu ermutigen und ihnen die Entscheidung für eine gute Sache schmackhafter zu machen, wurden die Sätze für die Einspeisevergütung angehoben. Allerdings gilt dies nur bei einer Inbetriebnahme nach dem 29. Juli 2022. Einspeisungen von einschließlich zu diesem Datum in Betrieb genommenen Anlagen werden nach den alten Sätzen vergütet.
Trennung von Teileinspeisung und Volleinspeisung
Das ist neu: Um die Einspeisung ins öffentliche Stromnetz attraktiver zu machen, wird bei einer Volleinspeisung deutlich mehr gezahlt. Volleinspeisung heißt, keinen Solarstrom selbst zu nutzen, sondern den gesamten Stromertrag an den Netzbetreiber zu liefern. Wird Strom für den Eigenbedarf „abgezweigt“, spricht man von einer Teileinspeisung oder Überschusseinspeisung. Die folgende Tabelle listet die jeweiligen Vergütungssätze auf. Sie gelten bis auf weiteres und bei einer Inbetriebnahme der PV-Anlage ab 30. Juli 2022.
Einspeisevergütung für PV-Anlagen auf, an und in Gebäuden und Lärmschutzwänden (§ 48 Abs. 2 EEG)
Bis 10 kW Bis 40 kW Bis 100 kW
Teil-/Überschusseinspeisung 8,2 Ct/kWh 7,1 Ct/kWh 5,8 Ct/kWh
Volleinspeisung 13,0 Ct/kWh 10,9 Ct/kWh 10,9 Ct/kWh
Hinweis: Die häufig angegebene Vergütung von 8,6 bzw. 7,5 Cent/kWp ist nicht die „Feste Einspeisevergütung“, sondern der „Anzulegende Wert/ Marktprämienmodell“. Dieser liegt immer etwas höher. Die Direktvermarktung über die Strombörse ist bei großen Anlagen ab 100 kWp Pflicht. Ob sich der Aufwand bei kleinen Einspeisemengen lohnt, ist dagegen eher fraglich. Die aktuellen Werte beider Fördersätze sind stets bei der Bundesnetzagentur abrufbar: Fördersätze für Solaranlagen und Mieterstromzuschlag, xlsx-Datei: „Anzulegende Werte nach EEG-Novelle 28. Juli 2022“.
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Damit liegt die Solarvergütung für Volleinspeiser bei mehr als dem Doppelten von früher. Selbst bei den derzeit ansteigenden Stromgestehungskosten – 2022 ist bei kleinen Anlagen von über 11 Cent pro Kilowattstunde auszugehen – kann sich die Volleinspeisung unter Umständen wieder lohnen.
Aussetzen der Degression
Zumindest vorübergehend verzichtet die Bundesnetzagentur auf die monatliche Degression. Festgelegt wurde, dass die Einspeisevergütung bis Januar 2024 eingefroren wird. Grund dafür ist die derzeit übliche lange Wartezeit auf einen Installationstermin. Niemand soll dafür doppelt bestraft werden. Auch Anlageninteressenten, die sich vorab in Ruhe informieren möchte, bleibt nun noch etwas Zeit. Ab 2024 soll die Einspeisevergütung dann halbjährlich um ein Prozent sinken. Auch das ist im Vergleich zur bisherigen monatlichen Basisdegression von 0,4 Prozent ein Gewinn.
Einspeisevergütung für Ü20-Anlagen
Die ersten Photovoltaikanlagen haben mittlerweile das Ende der 20-jährigen Vergütungsgarantie erreicht – und Jahr für Jahr kommen neue hinzu. Die Betreiber der sogenannten ausgeförderten Anlagen werden jedoch nicht alleine gelassen. Beträgt die Anlagenleistung unter 100 Kilowatt pro Jahr, besteht weiterhin ein Anspruch auf eine Einspeisevergütung (§§ 19 und 21 EEG). Allerdings richtet sich deren Höhe dann nach dem sogenannten Jahresmarktwert Solar (JW Solar). Dessen Berechnung erfolgt anhand der monatlich durch die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ermittelten und auf deren gemeinsamen Internetplattform Netztransparenz.de veröffentlichten Marktwerte (MW Solar). Stichtag für die Veröffentlichung ist der 10. Tag des Folgemonats bzw. der 10. Januar für das vorausgegangene Jahr. Betreiber ausgeförderter Anlagen erhalten ihre Abrechnung also immer Anfang des Folgejahrs – und wissen dann erst, ob eine Erstattung oder eine Zahlung fällig wird. Zuvor haben die Netzbetreiber jeweils bis zum 15. eines Folgemonats „Abschläge in angemessenem Umfang zu leisten“ (§ 26 EEG).
De facto handelt es sich hier um eine reduzierte Einspeisevergütung. 2020 betrug der Jahresmittelwert geringe 2,879 ct/kWh. Für 2021 war schon im 2. Halbjahr eine attraktivere Vergütung zu erwarten, denn ab Mai stieg der Monatsmarktwert stark an: von 4,187 auf stolze 27,075 ct/kWh im Dezember. Als Begründung wurde der hohe Strompreisanstieg 2021 angeführt. Allerdings seien die Marktwerte im Winter durch die schwächere solare Stromproduktion ohnehin tendenziell höher.
2022 ergab sich folgendes Bild: Mit 11,871 Cent/kWh lag der Wert im Februar am niedrigsten, mit 39,910 Cent/kWh im August am höchsten. Im Dezember unterschied er sich kaum vom Vorjahr.
Im Ergebnis ergab sich ein Jahresmarktwert JWSolar von 22,306 Cent/kWh. Der Jahresmittelwert MWSolar(a) beträgt entsprechend der Berechnung nach § 33 EEG 2012 für das Jahr 2022 20,806 Cent/kWh. (Stand: 10. Januar 2023. Vorjahr: 9,562 Cent/kWh)
Die Höhe dieser Vergütung verringert sich allerdings um einen Betrag für die Netzbetreiber. Bis 2021 war dies eine festgelegte Vermarktungspauschale in Höhe von 0,4 ct/kWh bzw. 0,2 ct/kWh, wenn ein intelligentes Messsystem installiert ist. Seit 2022 sind es die tatsächlichen Vermarktungskosten der ÜNB: Für das Jahr 2022 betrug der „Abzugsbetrag für ausgeförderte Anlagen“ 0,184 ct/kWh, für 2023 wurde er nun auf 0,000 ct/kWh festgelegt. Wie positiv sich dieses auswirken wird, bestimmt letztendlich die Politik.
Nach § 25 EEG endet dieser Anspruch am 31. Dezember 2027.
Einspeisevergütung und Wirtschaftlichkeit
Für die Einspeisevergütung spricht zweifellos der Komfort bei der Abwicklung. Alles läuft nahezu automatisch und erübrigt darüber hinaus einen kostspieligen Stromspeicher. Schön ist auch, dass das oft hervorgehobene „Aber“ heute wieder leichter wiegt: Natürlich reicht der produzierte Strom in den seltensten Fällen aus und natürlich müssen die Verbraucher im Haus häufig zusätzlich mit deutlich teurerem Netzstrom versorgt werden. Eine Erweiterung einer bestehenden PVA gilt nach 12 Monaten jedoch als Neuanlage – und jede Neuanlage hat ein Anrecht auf die nun geltende Einspeisevergütung.
Steigende Strombezugskosten sind immer das Hauptargument gegen eine Netzeinspeisung. Um die Photovoltaikanlage wirtschaftlich zu betreiben, ist es daher wichtig, ihre Größe optimal zu bemessen und möglichst viel des selbst produzierten Stroms auch selbst zu verbrauchen. Wird zusätzlich ein Energiespeicher eingebaut, lässt sich der Eigenverbrauch noch weiter erhöhen und somit der Strombezug aus dem öffentlichen Netz erfreulich minimieren.
Eine differenzierte Entscheidungshilfe für die optimale Nutzung von Solarstrom bietet der Beitrag Netzeinspeisung vs. Eigenverbrauch.